Das große Problem mit dem Fake-Fur-Trend

Alle Jahre wieder kommt … die kalte Jahreszeit. Und damit rückt auch wieder die Überschichtbekleidung ins Interesse. „Echte Investment Pieces“ werden uns hier jedes Jahr unter die Nase gehalten. Dieses Jahr ist es der Fake Fur bzw. Kunstpelz-Trend, der sich über das tausendste Revival freuen darf.
Warum es kein Understatement ist, wenn man „cruelty free“ Materialien als Chemiebombe bezeichnet, erkläre ich kurz einmal hier.
Denn: Fake Fur alias Kunstpelz ist ein Problem. Für unsere Gesundheit und unsere Umwelt.
Was in der Debatte fehlt: Fake Fur ist ein Textil aus Kunststofffasern, die sich lösen, in unsere Wohnungen schweben, ausgewaschen werden – und in Körpern wiederzufinden sind. Die Datenlage ist inzwischen erstaunlich klar.
Warum es kein Understatement ist, wenn man „cruelty free“ Materialien als Chemiebombe bezeichnet, erkläre ich kurz einmal hier.

Was ist Kunstpelz (Fake Fur) überhaupt?
„Faux Fur“ ist ein Florgewebe aus synthetischen Fasern. Typisch sind Mischungen aus Acryl/Modacryl und Polyester; der „Haar“-Flor sitzt meist auf einem Polyester- oder Baumwollgrund. Gerade Acryl gilt als Material, das besonders viele Mikrofasern freisetzt. Diese Partikel bleiben nicht im Stoff, sondern landen in der Luft, die wir in Innenräumen einatmen.
Direkte Studien nur zu Fake Fur sind zwar rar, aber alles spricht dafür, dass Kunstpelz besonders viel fasert: Die lange, aufgeraute Florstruktur begünstigt Abrieb, und Acryl gilt als einer der „schlimmsten“ Faser-Emitter. Was als tierfreundlich verkauft wird, ist damit ökologisch und gesundheitlich besonders problematisch.
Kommen die Partikel des Kunstpelz in die Lunge?
Untersuchungen zeigen, dass Mikroplastik tatsächlich in menschlichem Lungengewebe nachweisbar ist. Dazu passt, dass in Wohnungen und Büros messbare Konzentrationen an Mikrofasern in der Luft gefunden wurden. Erste Labormodelle weisen außerdem darauf hin, dass diese Partikel die Reparaturmechanismen von Atemwegszellen stören können.
Kunstpelz sitzt meist am Kragen oder an der Kapuze – also genau dort, wo wir ein- und ausatmen. Fasern, die sich lösen, gelangen unmittelbar in die Atemluft.

Warum Kunstpelz bei Kindern besonders heikel ist
Kinder atmen schneller, verbringen mehr Zeit in Innenräumen und haben eine noch nicht vollständig entwickelte Lunge. Zudem stecken sie Kleidung gerne in den Mund. Studien zeigen ohnehin, dass Kinder mehr Mikroplastik aufnehmen als Erwachsene – Kunstpelz ist eine zusätzliche Quelle.
Das gilt übrigens auch für alle Fleece-Decken aus Polyester oder andere Kunstpelz-Decken, die derzeit im Trend sind und als Tagesdecken über Betten etc. benutzt werden. Teppiche mit langen Florfasern aus Polyester sind ebenfalls ein Problem, da sie bei jedem Tritt in mikroskopisch kleine Partikel zerbersten und so im Hausstaub aufgewirbelt werden und in unsere Lunge gelangen können.
Die Lunge kann nicht lösliche Partikel (z. B. Mikroplastik, Asbest, Feinstaub) nicht ausscheiden. Alles was dort drinnen ist, bleibt! (Studienquelle)
Regulierung: ein blinder Fleck
Die EU beschränkt seit kurzem absichtlich zugesetzte Mikroplastikpartikel, etwa in Kosmetik. Textile Mikrofasern, die beim Tragen oder Waschen freigesetzt werden, sind von dieser Regelung jedoch nicht erfasst. Frankreich geht einen Schritt weiter: Dort müssen neue Waschmaschinen ab 2025 mit Mikrofaserfiltern ausgestattet sein. Das löst aber nur einen Teil des Problems, denn das Tragen selbst bleibt unreguliert.
Alternativen zu Kunstpelz
1. Naturmaterialien
Wolle: Ob Walk, Loden oder dichte Wollfleece – sie isolieren hervorragend, sind langlebig und biologisch abbaubar. Hier gibt es beispielsweise die Produkte der österreichischen Marke Stapf, die aus Walk und Loden zeitlose Damen- und Herrenmode herstellt.
Alpaka, Mohair, Kaschmir: Eignen sich für warme, flauschige Oberflächen, allerdings oft teuer und mit Fragen zur Tierhaltung verbunden.
Baumwolle (Teddy, Cord, Denim): In dichter oder aufgerauter Form warm und atmungsaktiv, allerdings weniger wärmend bei Nässe.
Hanffasern: Robust, antibakteriell, ressourcenschonend – lassen sich mittlerweile auch in weiche, wollartige Textilien verarbeiten. Die Hanffaser verbraucht beim Anbau sehr viel weniger Wasser als z.B. Baumwolle (ungefähr nur 10/ davon) allerdings sind Kleidungsstücke mit Hanffasern noch eher eine Rarität
2. Echter Pelz
Das ist natürlich eine Frage, die für viele auch moralische Bedenken aufwirft, allerdings ist es ein bereits vorhandenes Naturprodukt, das massenhaft in der westlichen Welt vorhanden ist und noch verwertet werden kann. Außerdem ist es hundertprozentig biologisch abbaubar.
- Vintage & Second-Hand: Echte Pelzmäntel oder -besätze aus zweiter Hand gelten als die nachhaltigste Form, wenn man Pelz tragen möchte. Es stirbt kein neues Tier dafür und die Lebensdauer des Produkts ist hoch.
Außerdem kann Echtpelz auch in der Reinigung wieder aufgewertet werden. Hierbei werden die Pelze von spezialisierten Reinigungsunternehmen in Trommeln mit Sägespänen von Gerüchen etc. befreit und die Haare wieder gefettet. Es gibt allerdings Einschränkungen bei empfindlichen Pelzen, wie Hase oder Hamster, wo Schäden entstehen könnten bei einer Reinigung.
- Upcycling: Alte Pelzmäntel können in Accessoires, Krägen, Mützen oder Innenfutter von Kürschner:innen verwandelt werden. Viele Pelzateliers bieten Reparatur und Umarbeitung an.
Studien über Mikroplastik und Acryl:
- Resuspension of inhalable particles from clothing: A manikin-based chamber study
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0360132324009995 - Detection of microplastics in human lung tissue using ?FTIR spectroscopy https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35364151/
- Release of microplastic fibres during household washing
chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://pro.refashion.fr/eco-design/sites/default/files/fichiers/Release-of-microplastic-fibers-from-synthetic-textiles-_2024_Environmental-P.pdf - Microfiber Release to Water, Via Laundering, and to Air, via Everyday Use: A Comparison between Polyester Clothing with Differing Textile Parameters
https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.est.9b06892
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