
Poetische Tirade, Slam-Manifest und Hymne des Widerstands – Alex Tamécylias Werk ist nicht nur eine literarische Sensation, sondern vor allem eine kulturelle Abrechnung. Das geht schon beim Titel los, der sich auf Deutsch in etwa so übersetzen lässt: „Feministinnen ermutigen dich deinen Mann zu verlassen, deine Kinder zu töten, Hexerei zu praktizieren, den Kapitalismus zu zerstören und eine trans-schwule-Kampflesbe zu werden “
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In ihrem explosiven und unerschrockenen Debüt Les féministes t’encouragent à quitter ton mari, tuer tes enfants, pratiquer la sorcellerie, détruire le capitalisme et devenir trans-pédé-gouine setzt Alex Tamécylia ein radikales, unbeirrbares Zeichen in der feministischen Literatur. Zum Titel des Buches wurde die Autorin vom US-Fernsehprediger Pat Robertson inspiriert, der diesen Sager in den 1990er Jahren tätigte, in dem er vor der Zerstörung der Gesellschaft und insbesondere der Institution der Familie durch den Feminismus warnte. Tamécylia macht das Zitat jedoch zu einem Handlungsaufruf und verdünnt ihre Kritik nicht, um sie für den Mainstream genießbar zu machen. Sie setzt der Angstmacherei scharfen Witz und lyrische Schärfe entgegen. Ihr Stil: Maschinengewehrartige Wortsalven, die Sarkasmus und Wortspiele versprühen.
„Wie viele Feministinnen braucht es, um eine Glühbirne zu wechseln? Vier: eine, die sie wechselt, und drei, die den Mann daran hindern, zu erklären, wie es geht.“
– Alex Tamecylia
Das ist Tamécylias Humor – schlagfertig, ätzend und politisch aufgeladen. Ihre literarische Form entzieht sich dabei jeglicher Kategorisierung: Poesie vermischt sich mit Essay, Erzählung mit Slam. Die Fußnoten – anderswo oft übersehen – sind reich an beißender Kritik und Ironie. Die Familie beschreibt Tamécylias als Sekte, Mutterschaft als Lohnarbeit und Kinderlosigkeit als Befreiung. Diese Positionen werden einige entfremden – aber genau darum geht es ihr.

Sie sucht nicht nach Konsens; sie zündet Feuer. Der Text ist dabei mehr als nur Polemik. Er ist ein spiritueller Exorzismus, ein säkulares Evangelium der Verweigerung, ein Aufruf, eine neue Welt zu erschaffen, in der Frauen nicht schrumpfen, sondern bedingungslos sich selbst entfalten können. Tamécylias Manifest richtet sich an Feminist:innen – akademische, aktivistische und künstlerische, die an den Grenzen des gesellschaftlich Akzeptierten rütteln und sich dabei stets fragen, wie weit sie gehen dürfen.Tamécylia versucht nicht die gemäßigten oder zögerlichen Leser:innen zu gewinnen. Ihr Werk richtet sich an diejenigen, für die Vergessen keine Option ist. Ihr Ton ist militant, ihr Humor entwaffnend. Dabei leugnet sie die gesellschaftliche Komplexität nicht – aber sie weigert sich schlicht für ihre Wut zu entschuldigen.
Sie sucht nicht nach Konsens; sie zündet Feuer. Der Text ist dabei mehr als nur Polemik. Er ist ein spiritueller Exorzismus.
Im Alter von 37 Jahren liefert die französische Dichterin und Künstlerin eine scharfe und notwendige Provokation – eine, die sowohl den revolutionären Ton von Valérie Solanas’ SCUM Manifesto aufgreift, als auch eine frische, wütende Stimme für die 2020er Jahre. Diese Stimme wird sich bestimmt bald wieder erheben. Bis dahin kann man nur hoffen, dass ihr Debüt auch in andere Sprachen übersetzt wird.
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