Wenn die Liebe geht: So kommst du durch den Liebeskummer

Das Aus einer intimen Beziehung endet oft in Liebeskummer. Für viele geht er schnell(er) vorüber, für einige wenige kann sich dieser gravierend auf die Psyche auswirken. Ab wann man sich Hilfe suchen sollte und wie man eine Trennung zu einer positiven Transformationserfahrung machen kann, sind wir auf den Grund gegangen.

Sagen wir es, wie es ist: Liebeskummer wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft als etwas für Teenager abgetan. Nach der Pubertät scheint das Verständnis für Herzschmerz zu schwinden – wer zu lange leidet, wird belächelt. Deshalb findet Liebeskummer im Erwachsenenalter oft im Verborgenen statt. Besonders bei Männern. Doch dazu später mehr.

Betrachtet man Kunst, Literatur und Musik, wird schnell klar: Liebeskummer gehört zu den größten Inspirationsquellen überhaupt. In keiner anderen Lebensphase scheint der (erwachsene) Mensch verletzlicher und mitteilungsbedürftiger zu sein. Der Versuch, Schmerz nach außen zu tragen, ihm Ausdruck zu verleihen und ihn als kreative Antriebsfeder zu nutzen, zieht sich durch die gesamte Kulturgeschichte.

In Büchern und Filmen verleiht dieses Gefühl Charakteren Tiefe – und wird nicht selten ge-nutzt, um selbst die überraschendsten Plot-Twists plausibel zu machen. Denn kaum etwas kann Menschen zu irrationaleren Handlungen bewegen als die Liebe – in all ihren Höhen und Tiefen.

Ein Paradebeispiel für Liebeskummer als zentrales Thema eines Weltromans ist F. Scott Fitzgeralds The Great Gatsby. Die Hauptfigur, der geheimnisvolle James Gatz alias Gatsby, lebt einzig für das Ziel, seine Jugendliebe Daisy zurückzugewinnen. Er erschafft sich ein (illegales) Selfmade-Imperium, nur um ihre Aufmerksamkeit zu erringen. Sein Unvermögen, die Trennung, die bereits vor Jahren passierte, zu akzeptieren, zeigt sich in seinem festen Glauben, die Vergangenheit ungeschehen machen zu können. Ein Gedanke, der vielen vertraut ist, die unter akutem Liebeskummer leiden – sie verlieren sich in „Was-wäre-wenn“-Szenarien, um der brutalen Realität für einen Moment zu entfliehen.  

„Liebeskummer tut so weh – was tun?“

Wenn uns Synapsen aus der Bahn werfen und warum Liebeskummer so weh tut

Werfen wir einen Blick auf den neurologischen Aspekt. Untersuchungen und Studien an Menschen mit Liebeskummer zeigten erhöhte Aktivität in der Amygdala – unserem „Urhirn“. Diese Region ist für unsere tiefsten, ursprünglichsten Emotionen verantwortlich, dient dabei nicht nur als evolutionäres Überlebenszentrum, sondern auch als „Speicherplatz“ für traumatische Kindheitserfahrungen, die oft nicht mehr bewusst abrufbar sind.

In unserer frühen Lebensphase waren wir existenziell auf andere Menschen angewiesen – ein Muster, das unser emotionales Erleben das ganze Leben prägt. Während einer Trennung laufen in unserem Gehirn verschiedene Programme ab, auf die wir bewusst kaum Einfluss haben. Betrachtet man unsere evolutionäre „Datenbank“, wird deutlich, dass die menschliche Bindungsfähigkeit über Jahrtausende hinweg dazu diente, Schutz in der Gemeinschaft zu finden.

Foto: Planet Volumes / Unsplash

Liebeskummer: Das Ende einer Beziehung ist Bedrohung fürs Unterbewusstsein

Bei Liebeskummer interpretiert das Gehirn die Trennung als potenzielle Bedrohung für unser Überleben – was die erhöhte Aktivität in der Amygdala erklärt. Die Folge: intensive emotionale Reaktionen, da der Verlust unbewusst die Angst vor Schutzlosigkeit wachruft. Der zweite Mechanismus, den unser Urhirn aktiviert, betrifft unsere persönlichen emotionalen Erfahrungen mit frühen Bezugspersonen – meist den Eltern.

Die Psychologie teilt demnach nach verschiedenen Beziehungsmustern ein. Vom „sicher gebundenen“ Menschen über den „ängstlich gebunden“ bis zum „vermeidenden“ Beziehungstyp.

Foto: Valeriia Miller / Unsplash

Reaktionen, die wir damals erlebt, aber vielleicht nie verarbeitet haben, können nach einer Trennung aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche gelangen. Liebeskummer ist nicht nur der Schmerz über das Ende einer Beziehung – er kann tiefer liegende, oft unbewältigte Muster aus der Vergangenheit sichtbar machen.

Panikreaktionen bringen zum Beispiel Erlebnisse zum Vorschein, die für unser „inneres Kind“ mit Ohnmacht, Verlassenwerden und Schutzlosigkeit verbunden sind. Wie tiefgreifend diese Erfahrungen in der Kindheit waren, kann maßgeblich beeinflussen, wie wir später Liebeskummer erleben. Denn die Art und Weise, wie wir Zuneigung von unseren ersten Bezugspersonen erfahren – oder entbehren mussten – prägte unser Gehirn fürs Leben.

Ein Mangel an Liebe oder deren gezielter Entzug hinterlässt Spuren im jungen, empfindlichen limbischen System, das sich in den ersten Lebensjahren formt.

Werden solche negativen Erfahrungen später nicht ausreichend verarbeitet bzw. therapiert, können sie unser Selbstbild, unsere Beziehungsfähigkeit und unser Er-leben intimer Bindungen dauerhaft beeinflussen.

Foto: Fellipe Ditadi / Unsplash

Somit ist die Erfahrung von Liebeskummer bereits in der Kindheit mit definiert worden.

Wirft er manche Menschen „aus der Bahn“, öffnet er bei anderen gleich Pandora’s Box und eine Flut an verdrängten Emotionen, die sich plötzlich ihren Weg ins Bewusstsein bahnen.

Eines ist jedoch klar: Wenn der emotionale Schmerz so überwältigend wird, dass er den Alltag erheblich beeinträchtigt, ist professionelle Unterstützung ratsam. Therapeut:innen können helfen, wieder Halt zu finden und destruktive Muster zu erkennen, die Inhalte der Trennung zu verarbeiten. Diese können besonders bei Betrug mit anderen Partner:innen oder anderes Fehlverhalten tiefe emotionale Furchen in unserer Seele hinterlassen, die wir dann auf die nächsten Partner:innen übertragen.

Liebeskummer ist eine Chance für einen Neustart

Und auch an einem selber muss gearbeitet werden. Denn „der andere“ ist Schuld, ist zwar für einen selbst eine einfache Erklärung einer Trennung, doch die beste Verarbeitung ist auch sein eigenes Verbesserungspotential zu erkennen. Wo gab es bereits Grenzverletzungen und „Red Flags“, die im Nachhinein betrachtet einen bei der Erinnerung daran noch immer verletzen, weil man sie passieren hat lassen? Wie hat man sich selbst verhalten?

Wenn sich nämlich dieselben Beziehungsdynamiken immer wieder wiederholen und zu ernüchternden Erfahrungen führen, kann dies langfristig das Selbstwertgefühl und die Fähigkeit zu gesunden Beziehungen massiv untergraben. Doch Veränderung ist möglich. Denn jeder Neuanfang birgt die Chance, vergangenes zu reflektieren und Beziehungsenden nicht als Scheitern, sondern als Möglichkeit zu persönlichem Wachstum zu begreifen.

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„Was sagt dir dein Beziehungsende?“ – diese Frage, so betont Psychotherapeut John Kim, ist entscheidend. „Es geht nicht nur um romantische, sondern um emotionale Muster, die in unseren frühesten Erfahrungen mit Liebe, Bindung und Selbstwert wurzeln. Sie haben geprägt, wer wir in Beziehungen sind, aber sie müssen uns nicht für immer definieren“, so der Autor von Break Up. On Purpose.

Liebeskummer bei Männern

MÄNNERN LEIDEN ANDERS

Für Frauen die schlechte Nachricht zuerst: Studien zufolge leiden sie bei Liebeskummer im Durchschnitt stärker unter körperlichen Symptomen (Stichwort Broken heart syndrome – Symptoms and Causes). Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Das Tal der Tränen dauert für für Frauen meist nicht so lange wie für Männer. Der Grund liegt vor allem in der offenen Kommunikation darüber.

Hier sind Frauen im Vorteil, denn in unserer patriarchal geprägten Gesellschaft haben sie eher die Möglichkeit, offen über Gefühle zu sprechen. Männer sind nach wie vor durch gesellschaftliche Rollenerwartungen benachteiligt.

Statt sich mit Freund:innen über ihren Kummer auszutauschen, wird (klischeebehaftet) eher eine durchzechte Nacht bevorzugt – ganz nach dem Motto: Bloß keine Schwäche zeigen. Das verbreitete Urteil, Männer seien gefühlskalt und würden deswegen auch schneller über ein Beziehungsende hinwegkommen, wurde allerdings wissenschaftlich weitreichend widerlegt. Forscher:innen der University of Lancaster analysierten ein Online-Forum zum Thema Beziehungen und dessen 184.000 Beiträge. Das Ergebnis: Männer diskutierten im anonymen Netz deutlich häufiger über Liebeskummer als Frauen.

„Wann hört Liebeskummer auf?“

Liebeskummer-Patient:innen haben – egal welchen Geschlechts laut einer Studie, die 2025 veröffentlicht wurde, aber eines gemeinsam: Durchschnittlich ist man (erst) nach 4,18 Jahren wirklich über Ex-Partner:innen nach einer langen Beziehung hinweg.

Die ersten Monate-Liebeskummer

Liebeskummer ist mehr als ein emotionaler Schmerz. Er ist eine Art Trauerreaktion – vergleichbar mit dem Verlust eines geliebten Menschen. Was da zerbricht, ist nicht nur eine Beziehung, sondern auch:

  • gemeinsame Pläne
  • Gewohnheiten und Rituale
  • unser Selbstbild in Verbindung mit dem anderen
  • unser Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit

Das Gehirn muss umlernen. Das Herz muss heilen. Und beides braucht Zeit. Liebeskummer folgt keinem festen Fahrplan, sondern deinem eigenen Tempo. Wichtig ist nicht, wann du „drüber hinweg“ bist – sondern dass du liebevoll mit dir selbst bist, während du dort ankommst.

Die Zahl hilft, das Gefühl zu normalisieren: „Ich bin nicht allein. Ich bin nicht zu langsam. Ich bin einfach ein Mensch, der geliebt hat.“

Wenn du gerade mitten im Schmerz steckst: Du musst da nicht schnell raus. Du darfst da sein. Und du wirst wieder atmen können – in deiner Zeit, in deiner Art.

Tipps gegen Liebeskummer

Liebeskummer heilt nicht schneller, wenn wir ihn ignorieren – sondern wenn wir ihn ernst nehmen.

Abstand halten

Eine klare Kontaktsperre hilft dem Gehirn, alte Bahnen zu verlassen und neue zu bauen.

Emotionen zulassen

Weinen ist kein Rückschritt. Es ist ein Ausdruck von Verarbeitung.

Neue Routinen aufbauen

Sport, gesunde Ernährung, neue Hobbys – alles, was Stabilität gibt, hilft dem Selbstwert. Bei Sport wird zudem Dopamin ausgeschüttet. Das hilft.

Lass die Finger von trauriger Musik, etc.

Den gemeinsamen Song hören, im Fernsehen einen tragischen Film – was einen noch mehr runterzieht, sorgt nicht für Entspannung im Gehirn. Suche dir stattdessen eine Komödie oder gehe in die Vorstellung eines Comedian. Gemeinsam lachen hilft. Auch wenn man niemanden dort kennt. Jede Minute in der du den Liebeskummer-Stress mit einer positiven Selbsterfahrung austauscht, wird dein Kopf entlastet und du fasst schneller neuen Mut.

Unterstützung suchen

Suche einen Therapeuten. Dase kann entscheidend sein – besonders wenn der Schmerz nicht nachlässt.

Pflege Kontakt mit Freund:innen und Familie. Wenn du keine:n Ansprechpartner:in hast, dann kannst du dich auch an die Telefonseelsorge wenden. Diese ist immer für dich da und hat rund um die Uhr ein offenes Ohr.

Reflektieren statt bewerten

Was hat mir die Beziehung gezeigt? Was kann ich über mich lernen? Diese Fragen lenken den Blick nach vorn.

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