Wie der 2. Weltkrieg die Mode von Gucci und Salvatore Ferragamo veränderte

“Wahre Kreativität entsteht immer aus einem Mangel”, soll einmal Modedesigner Wolfang Joop gesagt haben. Wie diese den Innovationsgeist in der Vergangenheit anheizten und welche Adaptierungen sich die Mode heute durch Nachhaltigkeitsbestrebungen verschreibt, haben wir uns angesehen.

Dieser Artikel erschien erstmals in der 1. Ausgabe des EntreNous Magazins.

Salvatore Ferragamo: Wie der Kork auf den Schuh kam

Es war Mitte der 1930er Jahre als in Florenz ein Schuhmacher namens Salvatore Ferragamo vor einem Dilemma stand: In den Kriegsjahren wurden Stahl und Leder knapp und die Sanktionen des Auslands gegen das faschistische Regime Mussolinis machten die Lage für ihn (und die Modebranche Italiens) nicht einfacher. Was nun? Den Betrieb zusperren? Ins Ausland gehen? Keineswegs.

Salvatore Ferragamo, der mit sechzehn seinem Heimatland den Rücken kehrte und sich in Hollywood nach oben arbeitete, um den bedeutendsten Film-Stars der 1920er das richtige Schuhwerk zu verpassen, ließ sich angesichts der misslichen Lage nicht darauf ein den Kopf in den Sand zu stecken. Ferragamo war in puncto Schuhe ein Perfektionist, ein Nerd, der bereits mit im zarten Alter von sieben Jahren Sandalen für seine Schwester machte und sein ganzes Leben lang davon getrieben sein sollte, den perfekten Schuh zu kreieren.

“When I have created a new style, it is for me once already old. There is always something more beautiful, more perfect, still to be created”

salvatore ferragamo
Den berühmten Cork-Wedge gibt es heute noch in einem „Nachbau“ im Webshop von Ferragamo zu bestellen.

So sehr, dass er in seinen Anfangstagen in den USA die universitäre Schulbank drückte, um sich nach Ladenschluss in Anatomie-Abendkursen fortzubilden. Mit dem Mindset eines rastlosen Tüftlers ausgestattet, begann er mit den verschiedensten Materialien in seiner Werkstatt zu experimentieren. Was dabei (unter anderem) herauskam, war das wohl berühmteste Patent der Schuhgeschichte, das ihm 1938 die Erfindung des Keilabsatzes bescheinigte.

Diesen fertigte Ferragamo aus sizilianischem Kork an, war er a) reichlich vorhanden, hatte b) die wunderbare Eigenschaft leicht formbar zu sein und bescherte c) einen hohen Tragekomfort. Nun kann man damit argumentieren, dass bereits zu Zeiten der Medicis Plateauabsätze für aristokratische Damen aufkamen, doch auf einen Stöckel komplett zu verzichten und den Schuh mit einem nach oben ansteigenden Keil als Sohle auszustatten, war neu.

In den Farben eines Regenbogens war es schließlich das Modell “Rainbow”, das bis heute zu den bekanntesten Schuhmodellen des 20. Jahrhunderts gehört und für Schauspielerin Judy Garland designt worden sein soll.

Guccis Legende: Die Bamboo Bags

Nicht nur die Schuh-, auch die Taschenmacher waren während des Zweiten Weltkrieges von der Lederknappheit betroffen und mussten sich nach Alternativen umsehen. Alternativen wohlgemerkt, die optisch auch noch ansprechend sein mussten. Denn Mode soll in ihrer Konsumwelt auch stets Eskapismus bieten, um nicht an die düsteren Zeiten zu erinnern, die man gerade durchlebt.

Die Gucci Bamboo Tote Bag wurde erst vor Kurzem wieder als Diana Bamboo Bag aufgelegt. Grund: Lady Diana macht sie einst berühmt.

Vor dieser Herausforderung standen auch die Taschenmacher von Gucci, die begannen sich nach Alternativen umzusehen, um den Lederverbrauch ihrer Taschen zu minimieren. Die Lösung von Gucci bestand darin, Bambusrohr zu verwenden, das aus Japan importiert werden durfte.

Mittels patentiertem Verfahren wird der Bambus erhitzt und gebogen, sodass er nach dem Abkühlen und Anbringen an der Handtasche seine Form behält. Eine Ikone war geboren, die bis heute in Form der “Bamboo Bags” zu den ikonischen Taschenlinien des Hauses zählt. 1958 erhielt Gucci schließlich das Patent. In den 1990er Jahren sollte die Bamboo Linie durch Lady Diana einen neuen Hype erfahren: Die Bamboo Tote Bag war ihr treuer Begleiter, die letztes Jahr als Diana Bamboo Bag von Gucci wieder in die Stores gebracht wurde.

Von Gucci-Fans werden die Taschen bis heute in unterschiedlichsten Variationen und limitierten Editionen gesammelt.
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